What the Font!
Wie wählen Sie die passende Schrift?
Die Schriftart hat großen Einfluss darauf, wie das Design digital oder gedruckt wahrgenommen wird. Aber wie können Sie unter Tausenden Fonts eine gute Auswahl treffen? Indem Sie dem Überangebot die richtigen Ausschlusskriterien entgegensetzen.
Ein Leitfaden, mit dem die Schriftwahl für das nächste Projekt noch überzeugender wird.
Legen Sie ein Schriftbudget fest
Am besten ganz am Anfang, denn nichts ist schlimmer, als sich in eine Schriftart zu verlieben, die für das Projekt zu teuer ist. Für den Anfang können schon 50 bis 200 Euro reichen. Wenn das Budget knapp ist, versuchen Sie eine gute Mischung aus bezahlten und kostenlosen Fonts zu finden. Schlussendlich ist es aber Ihre Aufgabe, davon zu überzeugen, welchen Unterschied es macht, eine Schriftart zu lizenzieren, die nicht einfach jeder von Google Fonts laden kann. Eine Investition in ein eigenständiges Schriftbild ist eine Investition in einen eigenständigen Auftritt.
Font follows Feeling
Nun machen Sie sich Gedanken über die emotionale Komponente der Schriftwahl. Was passt zu Ihrem Projekt? Wie soll es wirken? Verschiedene Schriftstile wecken dabei verschiedene Stimmungen. Bedenken Sie bei all dem immer den Kontext Ihres Projektes. Wie sah ein vorheriges Design aus? Wie machen es die Branche oder der Mitbewerb? Soll es sich abheben oder einfügen?
Hier sind einige Anhaltspunkte:
- Sans-Serif-Schriften werden als eher modern und neutral gesehen, können aber auch kalt und austauschbar wirken.
- Serifenschriften erscheinen oft traditionell und etabliert, je nach Kontext aber auch verstaubt und altmodisch.
- Schriften im Stil von Handschrift wirken oft nahbar, verspielt oder natürlich, können manchmal aber auch unprofessionell rüberkommen.
- Kalligrafische Schriften wirken nobel, elitär oder feierlich, sind dabei aber häufig schwer lesbar.
- Display Fonts sind auffälligere Schriften und können verschiedenste Anmutungen und Ausprägungen haben.
Die Investition in ein eigenständiges Schriftbild ist eine Investition in einen eigenständigen Auftritt.
Die richtige Schrift für den richtigen Text
Nicht jede Schrift passt für jeden Text. Dabei lassen sich drei Textsorten unterscheiden:
1. Display-Texte: Das sind größere, kurze Texte wie Titel, Überschriften oder Einleitungen. Hier kann die Schriftwahl auffälliger und interessanter sein, diese Texte werden eher gesehen als gelesen. Nutzen Sie thematisch passende Display Fonts, die auch mal dekorative Elemente besitzen können. Entdecken Sie und probieren Sie aus, hier ist vieles möglich.
2. Fließtexte: Hier sollte die Schrift unauffällig sein, fast fad (außer für Typofanatiker natürlich), denn der Inhalt steht im Vordergrund. Je nach Stimmung wählen Sie etwas aus der Kategorie Serif oder Sans Serif und vermeiden dabei Schriften mit einzelnen auffälligen Buchstaben.
3. Funktionale Texte sind kleinere Texte wie Bildunterschriften, Marginalien, Navigationselemente oder UI-Components. Halten Sie sich hier besser an serifenlose Schriften mit einer gleichmäßigen Strichstärke, wenig Kontrast und geöffneten Buchstabenformen.
Font follows Function
Nun können wir in die feineren Details eintauchen, denn die Ausstattung Ihrer Schrift ist ganz wichtig, wenn sie in der Anwendung strahlen soll. Achten Sie bei Ihrer Vorauswahl auf:
- Stärken und Stile: Reicht Regular oder brauchen Sie auch Bold, Light, vielleicht Medium? Brauchen Sie für den Fließtext Kursive oder Kapitälchen?
- Sprachunterstützung: Hat Ihre Schriftart die nötigen diakritischen Zeichen? Das sind bestimmte grafische Zeichen in Verbindung mit bestimmten Buchstaben als Hinweis auf die richtige Aussprache. Manchmal ist das schon ein scharfes S oder ein kroatischer Name, in dem plötzlich eine Glyphe (grafische Darstellung eines Schriftzeichens innerhalb eines Schriftschnitts) fehlt. Oder geht sie gar über das lateinische Alphabet hinaus?
- Sonderzeichen und OpenType Features: Das können mathematische Symbole oder Brüche sein, Icons, verschiedene Ziffern, aber auch Alternativzeichen.
- Format und Größe: Für das Web als platzsparendes WOFF2-Format, alles weitere klappt gut als True Type Font (.ttf) oder Open Type Font (.otf). Brauchen Sie statische oder variable Fonts?
Ausprobieren!
Aufgrund dieser Kriterien können Sie nun eine Vorauswahl treffen. Probieren Sie Ihre Favoriten mittels Test-Fonts mit möglichst realistischen Inhalten aus. Vermeiden Sie „Lorem-ipsum-Texte“, denn damit schaut alles immer gut aus. Nun beurteilen Sie, ob die Schrift der Anwendung und dem Projekt gerecht wird.
Es muss nicht gleich perfekt werden. Entwickeln Sie sich und Ihre Designs weiter.
Haben Sie Spaß und treffen Sie eine Entscheidung
Die Schriftwahl kann ein aufwendiger Prozess sein, aber bevor Sie immer dieselben Fonts nehmen, machen Sie es sich lieber leicht, Neues zu entdecken. Starten Sie mit nur einem oder zwei der Tipps aus diesem Artikel. Grenzen Sie Ihre Vorauswahl ein und dann treffen Sie eine Entscheidung. Es muss nicht gleich perfekt werden. Machen Sie es jedes Mal ein bisschen besser und entwickeln Sie so sich und Ihre Designs weiter. Wenn Sie Ideen suchen und dabei lernen möchten, wofür sich eine Schrift am besten eignet, melden Sie sich auf pimpmytype.com zu meinem wöchentlichen Font Friday Newsletter an. Dort stelle ich abwechselnd eine bezahlte und eine kostenlose Schrift vor. Aber woher Ihre Inspiration auch kommen mag, stürzen Sie sich ins Buchstaben-Abenteuer und haben Sie Freude beim Entdecken!