Markennamen ändern
Der richtige Weg zum Rebranding
Es passiert täglich, dass jemand seinen Namen ändert. Personen tun es ebenso wie Unternehmen. Und auch Produktnamen wechseln. Gerade die jüngsten Umbenennungen von „Facebook“ in „Meta“ oder „Merkur“ in „BILLA Plus“ geben Anlass, einen näheren Blick auf derartige Veränderungsprozesse zu werfen.
Eigentlich sollte der Name das Letzte sein, das man ändert, steht er doch für die jeweilige Identität. Egal ob Unternehmen, Produkt, Person oder Marke – der Name ist Identifikationssymbol für Partner, Kunden, Freunde und Kritiker. Als Inbegriff von Bekanntheit, Vertrauen und Werteversprechen verkörpert der Name mehr als alles andere, wofür jemand steht und welche Haltung dieses Individuum ausmacht. Daher gehört das Gebot, den Namen möglichst nicht zu ändern, zum kleinen Einmaleins aus Marketing und Werbung. Und trotzdem scheint es Anlässe zu geben, sich entgegen dem Bestreben nach Kontinuität und Beständigkeit für eine Namensänderung von etablierten Marken zu entscheiden.
Wenn das zu Vermeidende unumgänglich wird …
Wie eingangs erwähnt, ist jede Namensänderung mit Risiken, Kosten und hohem Ressourcenaufwand in puncto Arbeit und Zeit verbunden. Dies gilt nicht nur für die Umfirmierung, sondern insbesondere auch für die Änderung von Markennamen. Deshalb möchten wir in diesem Artikel darauf den besonderen Fokus legen. Beginnen wir vielleicht mit den Anlässen, die zu einem derartigen Schritt führen mögen.
1. Änderung oder Erweiterung der Geschäftsfelder
Facebook Inc. beheimatet nicht mehr nur ein soziales Netzwerk, sondern schafft sich unter dem Namen Meta ein breiteres Dach: das der nächsten Evolutionsstufe eines Internets als Metaversum mit virtueller und erweiterter Realität. Facebook als Marke der Social-Media-Plattform bleibt bestehen.
2. Internationalisierung und Portfoliobereinigung
Die „Junior Tüte“ musste dem in anderen Ländern bereits etablierten „Happy Meal“ Platz machen. Die Grundlage für diese Entscheidung war die gleiche, nämlich international für das gleiche Angebot den gleichen, einheitlichen Namen zu verwenden – wie auch bei der Einführung von „Twix“ am deutschen Markt anstelle der Marke „Raider“. Markenstrategisch im Nachhinein betrachtet ein logischer und erfolgreicher Schritt, der zwar den Tod für die kleinere Marke bedeutete, aber dafür mehr Bekanntheit und gesteigerten Markenwert für die größere Marke Twix.
Ein Vorteil der Zusammenführung ist auch, nicht in unterschiedlichen Ländern mehrere Marken aufbauen und pflegen bzw. in deren Bekanntheit und Sichtbarkeit investieren zu müssen, sondern die Synergieeffekte und Kostenvorteile nützen zu können. Nicht selten sind es auch Lizenzgebühren und Abhängigkeiten, die so manchen Unternehmenseigentümer zur Änderung bzw. Neuentwicklung eines Markennamens motivieren. Boards & More, ein deutscher Windsurf-Anbieter, änderte die Kiteboarding-Marke „North“ auf „Duotone“ und ersparte sich dadurch nicht nur Lizenzgebühren an den kanadischen Lizenzgeber, sondern gewann mehr Freiheit hinsichtlich der Anwendbarkeit der eigenen Marke auch für produktnahe weitere Angebote und Waren.
3. Inhaberwechsel und rechtliche Rahmenbedingungen
August Horch, Gründer der Horch Motorwagenwerke, verließ 1909 nach Differenzen das Unternehmen und gründete ein weiteres Autounternehmen. Sein eigener Name war zu diesem Zeitpunkt bereits in Verwendung und als Markenname geschützt. Die „horch!“).
Je nach Markenstrategie mündet die Zusammenführung von Markenportfolios zweier Unternehmen (A und B) nach einer Übernahme oder Fusion in eine der vier Herangehensweisen, was die Weiterführung oder Neuschaffung von Markennamen betrifft: Bei der Mehrmarkenstrategie bleiben beide Marken A und B bestehen. Bei der Monomarkenstrategie kommt es zur Löschung einer der beiden Marken und die jeweils andere, meist schwächere Marke, wird eliminiert. Werden beide Marken A und B gelöscht und durch einen neuen Markennamen ersetzt, spricht man von einer Neumarkenstrategie. Diese wird häufig gewählt, wenn zwei etablierte und gleich starke Unternehmen einen gemeinsamen Neubeginn signalisieren möchten. Die Hybridmarkenstrategie ist eine alter-native Strategie, die durch Markenverschmelzung zu einer Kombination beider Marken führt. Als Beispiel entstand so die Marke „DaimlerChrysler“.
4. Neupositionierung
Die Änderung des Markennamens wird auch für die Neuaufladung eines Markenangebots zunehmend angewendet. Die Gründe dafür können zum einen unternehmensinterne marketingstrategische Überlegungen sein. Die Entscheidung kann nur zwischen den beiden Möglichkeiten getroffen werden, die Zielgruppen dabei zu unterstützen, etwas Neues zu lernen oder etwas Bekanntes umzulernen. Daneben entstehen aber auch Trends und Entwicklungen in der Gesellschaft, die aufgrund von sich ändernden Wertehaltungen und ethischem Verständnis bisherige Markennamen etwa als rassistisch oder „politisch unkorrekt“ erscheinen lassen. Während einige Marken wie „Schokoküsse“ und „Schokotraum Erdnuss“ bereits verändert wurden, stellen sich andere Marken, wie die Vorarlberger Biermarke „Mohrenbräu“, wiederkehrenden Diskussionen mit Kritikern und Markenfans, die zum Durchhalten aufrufen.
Der richtige Weg
Die Vielzahl an Stolpersteinen und Risiken macht eine einfache Entscheidung mit garantierter Erfolgsabschätzung unmöglich. So viel ist sicher und es gibt unzählige Beispiele, die Markenentwicklung und Neustarts von Marken als Erfolgs- wie auch als Misserfolgsstory belegen. Alle diese Beispiele zeigen, dass die Entscheidung für oder gegen die Änderung des Namens nur eine von vielen Entscheidungen ist. Egal welche man trifft, sie hat immer Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen. Daher hier einige Punkte, an denen man sich zur Vermeidung unnötiger Stolpersteine orientieren kann:
- Wer entscheidet und wessen Meinung ist erfolgsrelevant? Markenname und Markenstrategie sind Chefsache. Die Entscheidungen treffen also Inhaber und Geschäftsführer. Klar ist aber, dass die Marke ein lebendiges System, eine Symbiose zwischen allen mit der Marke in Berührung stehenden Personen- und Kontaktkreisen ist. In konzentrischen Kreisen beginnend die Sicht von Management, Mitarbeitern, Partnern, Lieferanten und sonstigen Stakeholdern in die Entscheidungen miteinzubeziehen, hilft, Energie- und Reibungsverluste oder gar aktiven Widerstand zu vermeiden.
- Was sind Anlass und Ziel der angedachten Änderung?
Analysieren Sie genau, warum und zu welchem Zweck die Namensänderung vorgenommen werden soll. Hinterfragen Sie die Probleme auch dahingehend, ob es sich dabei um Randprobleme oder Symptome handelt und ob die angedachte Änderung auch ganzheitlich betrachtet die gewünschten Verbesserungen bringt. - Erwünschte und unerwünschte Nebenwirkungen?
Veränderung kann immer zu Irritation und damit zu Unsicherheit und Angst führen. In diesen Gefühlszuständen agieren Menschen irrational. Versuchen Sie daher, alle möglichen Risikofaktoren vorab zu simulieren und gegebenenfalls mögliche Reaktionen und Haltungen bei allen Dialoggruppen durch geeignete Erhebungsmethoden zu prüfen. - Gewinn und Verlust absehbar?
Eine bekannte und etablierte Marke durch einen neuen Namen zu ersetzen, bedeutet den bisher geschaffenen Wert zu „verspielen“. Eine geeignete Kombination von monetärer und qualitativer Markenbewertung erhöht die Gewissheit, wie viel eigentlich auf dem Spiel steht. Umgekehrt sollten Sie sich auch Unterstützung holen, um mit geeigneten Mitteln die Potenziale, die für die Änderung sprechen, in konkreten Zahlen abzuschätzen. Die kritische Sicht eines oder mehrerer externer Experten ist dabei Gold wert. - Zeit ist Geld?
Im Zusammenhang mit einer Markennamensänderung ganz sicher: Nehmen Sie sich daher ausreichend Zeit, jeden Schritt mit Bedacht zu setzen und sich lieber früher in Richtung eines neuen Namens auf den Weg zu machen. Die Entwicklung und Festlegung der notwendigen Parameter, die rechtliche Prüfung und Absicherung sowie Ablaufplanung und Einbindung der relevanten Markenbotschafter benötigen Zeit und Sorgfalt. Schnellschüsse und aus Zeit- oder Geldmangel ausgelassene Zwischenschritte rächen sich meist später und können über Erfolg und Misserfolg entscheiden. - Wer profitiert von der geplanten Namensänderung?
Im Idealfall gewinnen alle Kontaktkreise, die mit der sich verändernden Marke in Verbindung stehen. Jede mögliche Unsicherheit muss durch einen stärker belohnenden Anreiz kompensiert werden. Ein Perspektivenwechsel aus dem Blickwinkel der einzelnen Dialoggruppen hilft hier, die Argumente auf Vertrauens- und Glaubwürdigkeit zu prüfen. - Nomen est omen?
Bleiben Sie sich treu und ersetzen Sie keinesfalls eine bestehende Marke durch einen Kompromiss, der emotional, inhaltlich oder visuell einem Ihrer unternehmerischen Grundwerte nicht entspricht! Marken stehen für Haltungen und dürfen daher auch Kanten und Profil haben. Aber: Nicht jeder Name ist in jedem Land gleich optimal geeignet oder wirkt überall gleich sympathisch. Priorisieren Sie nach den Kriterien, die für die wichtigsten Absatzmärkte Ihrer Marke relevant sind. - Geheimhaltung oder Transparenz? Halten Sie von Beginn an den Kreis der involvierten Personen bis zum Moment der endgültigen Entscheidung – je nach Art Ihrer Organisationsform – möglichst klein. Informieren Sie aber dann Mitarbeiter und Öffentlichkeit transparent und umfassend! Dazu gehört auch die Erklärung, warum der Markenname geändert wird und welche Veränderungen und Verbesserungen dadurch erreicht werden sollen.
- Zurückrudern möglich?
Bis zum Moment der Entscheidung ist der Namensänderungsprozess ein Entwicklungsprozess, der auch zum Ergebnis führen kann, die Marke besser nicht zu verändern. Ist die Entscheidung getroffen, muss sie konsequent und mit aller Kraft umgesetzt werden. Experten rechnen mit drei bis fünf Jahren, um eine Marke auf dem Markt zu etablieren. Die Kosten bei national bis international agierenden Unternehmen mit vielen Niederlassungen überschreiten dafür häufig Budgetgrößen von drei und mehr Millionen Euro. Scheitert die Umbenennung, übersteigt der Schaden aus dem Vertrauensverlust und den daraus folgenden wirtschaftlichen Schäden häufig das für die Änderung veranschlagte Budget um ein Vielfaches.