Dauerbrenner: offene Daten
Wer hat Anspruch?
Die Forderungen nach offenen Designdateien sind in der Werbe- und Kreativbranche ein Dauerbrenner. Meist werden sie zum Zankapfel zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, wenn die Zusammenarbeit de facto beendet wurde. Hat der Auftraggeber Anspruch auf die Überlassung sämtlicher offener Daten und Entwurfsdateien?
Es gibt kaum ein Unternehmen, das diese Art des Konfliktes nicht schon selbst erlebt hat, sei es aus Sicht des Auftraggebers oder des Auftragnehmers. Unangenehm ist die Situation einer Trennung am Ende der Zusammenarbeit für alle Beteiligten ohnehin. Und dann steht auch noch die Forderung des Auftraggebers nach den offenen Entwurfsdateien im Raum. „Hat der Auftraggeber nun Anspruch auf diese Daten?“, fragen sich viele Designer, Gestalter, Video- und Fotografen.
Ein Blick in die Praxis
Die Online-Recherche zeigt, dass die Frage nach dem Anspruch auf offene Grafikdaten in vielen Foren und Plattformen thematisiert und besprochen wird. Der Großteil verneint einen automatischen Anspruch auf offene Daten. Wenn also aus Sicht der Betroffenen nun ein klares NEIN zur eingangs gestellten Frage käme, würde das kaum wundern. Aber: Unsere Mitte Mai auf Instagram durchgeführte Schnellbefragung unter Personen, die zum überwiegenden Teil selbst entweder im Bereich der Werbung tätig sind oder beruflich damit in Berührung stehen, zeigt keine eindeutige Sichtweise auf die Fragestellung. Befürworter und Gegner der These halten sich annähernd die Waage – mit einer leichten Tendenz (56 Prozent) zur Aussage, dass Kunden keinen automatischen Anspruch auf offene Daten haben. Die vielschichtigen Argumente, die mit dieser Fragestellung zu behandeln sind, zeigen jedenfalls, dass eine einfache Antwort mit Ja oder Nein zu kurz greift. Daher wird das Thema im Folgenden aus ein paar unterschiedlichen Perspektiven hinterfragt.
Was sagt das österreichische Urheberrecht?
In den meisten Fällen entsteht bei Beauftragung von Designleistungen – ähnlich wie bei Texterstellung, Fotografie und Film – ein urheberrechtlich relevantes Werk. Nämlich dann, wenn es sich um eine eigentümliche geistige Schöpfung handelt. In der Praxis bedient man sich bei der Beauftragung der sogenannten Werkverträge. Gegenstand dabei ist die Werksleistung, also die Schaffung des Designs, die zu honorieren ist. Laut Urheberrecht (§ 14, Abs. 1) steht dem Urheber das ausschließliche Recht auf Verwertung zu. Das bedeutet, es bedarf für die Werknutzung einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung, in der zu regeln ist, auf welche Art, mit welchen Mitteln und innerhalb welcher örtlichen und zeitlichen Grenzen das Werk benutzt bzw. verwertet werden darf (§ 26). Dafür sieht das Urheberrecht auch ein angemessenes Entgelt vor.
Aus Sicht des Urheberrechts entsteht mit dem Werkvertrag nicht automatisch das Recht an der Verwertung der Schöpfung. Auch die Bearbeitung des Werkes bzw. die Verwertung des bearbeiteten Werkes ist an eine ausdrückliche Zustimmung des Urhebers gebunden.
Konflikte
In den meisten Konfliktfällen wurde im Vorfeld verabsäumt, eine klare, eindeutige Vereinbarung zu formulieren, wie, wo und wie lange der Auftraggeber das Werk verwenden und verwerten darf. In der Auseinandersetzung wird oft der auftragsbedingte Verwendungszweck ins Rennen geführt. Wenn ein Unternehmen die Entwicklung eines Logos und Corporate Designs samt zugehöriger Werbemedien beauftragt, muss davon ausgegangen werden, dass er diese auch gewerblich im Rahmen des alltäglichen und üblichen Geschäftsverkehrs einsetzt und sichtbar macht. Ob für diese Leistung eine separate, keine oder eine pauschale Honorierung innerhalb einer Projektpauschale gefordert wird, obliegt dem Anbieter, der den „nicht branchenkundigen“ Auftraggeber über die relevanten Ausnahmen und Einschränkungen hinweisen sollte. Wie bei einem Künstler die Arbeitsunterlagen und Skizzen, verbleiben auch die offenen Daten als Arbeitsunterlagen im Eigentum des Urhebers, also des Erstellers.