RECHT einfach: Schwerpunkt Inkasso
Vortragsreihe der Fachgruppe Werbung
Die Sommermonate und die Urlaube sind vorüber, der Erholungsfaktor hat Einzug gehalten und es ist wieder Zeit, die kreativen Köpfe zum Rauchen zu bringen. Um den unternehmerischen Prozess nach den Sommermonaten wieder anzukurbeln, erfolgt ein Kontrollblick in die Buchhaltung – und mit Erschrecken wird festgestellt: Ein Teil der Kundinnen und Kunden hat die offenen Rechnungen noch nicht bezahlt.
Zeit für Mahnungen! Anknüpfend an die im April seitens der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation neu veranstaltete Vortragsreihe „RECHT einfach“ wurden im Zuge des Premierenvortrags bekanntlich das Vertragsrecht und auch der Aufbau des idealen Inkassos in Augenschein genommen. Mit dem gegenständlichen Artikel soll nun basierend auf dem Basiswissen für den idealen Vertrag (siehe Seite 22) der Weg zum – hoffentlich erfolgreichen – Inkasso aufgezeigt werden.
Wenn jemand nicht zahlen will, findet sie oder er immer Ausreden, um es nicht tun zu müssen. Schriftliche Mahnungen sind nachvollziehbarer und konsequenter als bloßes Nachtelefonieren.
Die richtige Rechnung
Der erste Teil zum richtigen Inkasso und der fristgerechten Zahlung durch die Kundinnen und Kunden ist, dass die Rechnung formell und inhaltlich korrekt ausgestaltet wird. Essenziell und logisch ist, dass auf der Rechnung der komplette Name und auch die korrekte Anschrift der Kundin und des Kunden enthalten sein müssen. Widrigenfalls wird gerne die „Ausrede“ verwendet, die Rechnung nicht erhalten zu haben. Natürlich muss Ihre Firma mit Anschrift vollständig angeführt sein und – bei Umsatzsteuerpflicht – die UID ist anzuführen. Bei Rechnungen mit einem Betrag von über 10.000 Euro ist die UID der Kundin und des Kunden ebenso zwingend anzugeben, der Preis ist freilich in Nettobetrag, Umsatzsteuer und Bruttobetrag aufzuteilen. Vergeben Sie zur Nachvollziehbarkeit eine vollständige Rechnungsnummer und ein Rechnungsdatum, sodass die Zahlungsziele korrekt überprüft werden können. Die erbrachten Leistungen und/oder gelieferten Waren sind ebenso vollständig aufgelistet anzuführen, sodass die Rechnung schlüssig und nachvollziehbar ist. Ebenso sollte das vereinbarte Zahlungsziel wiederholt werden und vergessen Sie bitte nicht, Ihre Kontoverbindung anzugeben. Nach dem Versenden der Rechnung ist es ideal, sich einen „Kalender“ zu setzen, um den Zahlungseingang auch kontrollieren zu können. Für den Fall, dass die Kundin oder der Kunde trotz gesetzter Zahlungsfrist nicht bezahlt, muss zum Inkasso und Mahnen übergegangen werden.
Die nachvollziehbare Mahnung
Der scherzhafte Satz: „Auf dem Brief stand ,letzte Mahnung‘ – Gott sei Dank, ich dachte, das hört nie auf“ hat auch etwas Wahres an sich. Wenn jemand nicht zahlen will, findet sie oder er immer Ausreden, um es nicht tun zu müssen. Schriftliche Mahnungen sind nachvollziehbarer und konsequenter als bloßes Nachtelefonieren. Begehen Sie nicht den Fehler, dass Sie sich – für den Fall, dass Sie trotzdem nachtelefonieren – einen Bären aufbinden lassen. Sofern die Anschrift, die Kundin oder der Kunde sowie der Rechnungsbetrag korrekt auf der Rechnung angeführt sind – bleiben Sie konsequent.
Aus der Vielzahl an außergerichtlichen und gerichtlichen Forderungsbetreibungen kann empfohlen werden, dass die Durchnummerierung von Mahnungen nicht sinnvoll ist. Die Kundin oder der Kunde, die bzw. der eine erste Mahnung erhält, geht mittlerweile davon aus, dass sie bzw. er auch eine zweite und dritte bekommen wird, bevor es zur Zuhilfenahme gerichtlicher Unterstützung kommt. Mahnen Sie konsequent, kurz und prägnant, legen Sie sich organisatorisch ein Kalendersystem zurecht und weisen Sie bereits in der Mahnung auf Konsequenzen wie die Verrechnung von Mahngebühren, Verzugszinsen und die allfällige Zuhilfenahme einer Anwältin oder eines Anwaltes bzw. die Einschaltung von Gerichten hin. Erst nachdem eine schriftliche Mahnung versendet wurde, macht telefonisches Nachfassen Sinn. Für den Fall, dass die Kundin oder der Kunde tatsächlich gerade Zahlungsschwierigkeiten hat, steht es Ihnen natürlich frei, eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen. Auch hier wird empfohlen, die Vereinbarung schriftlich zu fassen und im Falle des Zahlungsverzuges auf ein Wiederaufleben der Forderung hinzuweisen.
Zahlungsverzug – Verjährungsfristen, Verzugszinsen, Mahngebühren
Die Verjährung der von Ihnen erbrachten Leistungen tritt mit drei Jahren nach Fälligkeit ein. Diesbezüglich wird auf den Artikel im letzten Werbemonitor verwiesen (siehe Seite 22). Hier ist für Sie wichtig, dass die Fälligkeit nicht mit dem Rechnungsdatum übereinstimmen muss. Bitte übersehen Sie die Fälligkeitsfristen nicht. Bei Verzugszinsen ist relevant, mit wem der Vertrag abgeschlossen wurde. Bei einer Konsumentin oder einem Konsumenten ist in §§ 1333 iVm 1000 Abs 1 ABGB (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch) grundsätzlich ein Verzugszinssatz von vier Prozent vorgesehen, bei Unternehmen beträgt der gesetzlich vorgesehene Verzugszinssatz aktuell 9,2 Prozent über dem Basiszinssatz der EZB (Europäische Zentralbank) (§ 456 UGB – Unternehmensgesetzbuch). Die Verzugszinsen sind grundsätzlich dispositiv, also frei vereinbar, jedoch ist in § 6 Abs 1 Z 13 KSchG (Konsumentenschutzgesetz) für Verbraucherinnen und Verbraucher eine Grenze vorgesehen – es empfiehlt sich bei Konsumentinnen und Konsumenten, beim gesetzlich vorgesehenen Satz zu bleiben.
Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung haben sich natürlich mit dem Thema der Mahngebühren auseinandergesetzt. Wenn ein Zahlungsverzug der Kundin oder dem Kunden objektiv nicht vorgeworfen werden kann (äußerst selten), können laut § 458 UGB im Unternehmergeschäft 40 Euro an Mahngebühren verrechnet werden. Bei subjektivem Verzug können als Schadenersatz sowohl gegenüber Unternehmerinnen und Unternehmern als auch Konsumentinnen und Konsumenten Betreibungskosten geltend gemacht werden. Die Höhe sollte sich an der Verordnung für die Höchstsätze an Vergütungen für Inkassoinstitute orientieren und in einem angemessenen Verhältnis zur Forderung stehen.
Gerichtliche Betreibung
Wenn alle Stricke reißen, ist es oft sinnvoll, die Rechnung(en) zur weiteren Betreibung an eine Anwältin oder einen Anwalt zu überreichen, sodass diese oder dieser mithilfe der zuständigen Gerichte einen Exekutionstitel schaffen kann. Formell betrachtet gibt es – in Österreich – für reine Zahlungsbegehren in der Zivilprozessordnung das beschleunigte Mahnverfahren (bis zu einem Betrag von 75.000 Euro) oder das ordentliche Gerichtsverfahren (ab 75.000 Euro). Der Unterschied ist, dass beim beschleunigten Mahnverfahren eine Mahnklage bei Gericht eingebracht wird, und für den Fall, dass die Gegnerin oder der Gegner keinen Einspruch erhebt, wird der seitens des Gerichtes erlassene bedingte Zahlungsbefehl sofort vollstreckbar. Sofern ein Einspruch erhoben wird, ist auch dann ein ordentliches Zivilverfahren abzuführen. Wesentlich ist, dass bis zu einem Betrag von 4500 Euro keine Anwaltspflicht herrscht, hier könnten sowohl Sie als auch die Kundin oder der Kunde rein unter der Anleitung des Gerichtes das Verfahren abwickeln. Im Zivilprozess gibt es neben den örtlichen Zuständigkeiten (im letzten Artikel wurde bereits das Thema der Gerichtsstandvereinbarung angeschnitten – siehe Infobox) auch sachliche Zuständigkeiten. Bei einem Streitwert unter 15.000 Euro ist eines der 116 österreichischen Bezirksgerichte zuständig, bei einem Streitwert über 15.000 Euro eines der 20 Landesgerichte. Das Inkasso im europäischen Raum, also wenn Sie z. B. eine Kundin oder einen Kunden mit Sitz in Deutschland haben, stellt sich wieder speziell dar.
Vor dem Schritt zur gerichtlichen Betreibung ist jedenfalls die Konsultation eines rechtlichen Beistandes zu empfehlen, wobei auch hier oftmals bereits Expertinnen und Experten der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation mit Rat und Tat zur Seite stehen.