Influencerin Hannah Maylou
Vom Selfie zur Stimme für Selbstakzeptanz

Sie ist Content-Creatorin sowie Buchautorin und beschäftigt sich intensiv mit den Themen Selbstliebe, Sexualität und Beziehungen. Mit ihrer Arbeit hilft sie vor allem jungen Frauen, sich besser zu akzeptieren – ehrlich, direkt und ohne Tabus. Mit ihrer offenen Art, ihrem Wissen und einer großen Portion Empathie spricht sie genau die Themen an, über die sonst oft geschwiegen wird – und trifft damit den Nerv einer ganzen Generation. Anfragen für Interviews bekommt sie genug, aber längst nicht jede nimmt sie an. Beim Werbemonitor macht sie gerne eine Ausnahme, sie mag und liest ihn. Warum ist er ihr vertraut?
Hannah Maylou verbringt zum Zeitpunkt des Interviews eine Workation in Thailand. Bei ihr ist es bereits Nachmittag, während hier noch der Kaffee dampft. Die Influencerin kommt ursprünglich aus Purkersdorf, ging in Wien zur Schule und hat jetzt ihren Firmensitz in St. Pölten. Sie absolvierte die Graphische, mit dem Zweig Multimedia. Instagram lief für sie immer nebenbei. Nach der Schule hatte sie eine kurze Anstellung, bevor sie direkt den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. Seit ungefähr sieben Jahren kann sie vom Influencer-Business leben. Wir wollten wissen, wieso sie den Werbemonitor kennt. Es stellt sich heraus, dass Hannah Maylou Mitglied in der WKNÖ Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation ist – Überraschung und Freude zugleich. Ihren richtigen Namen möchte sie im Interview nicht preisgeben – sie bekommt aufgrund der Themen, die sie behandelt, bereits genug Hasskommentare.
Werbemonitor: Wie hat sich dein Verhältnis zu Social Media im Laufe der Jahre verändert?
Hannah Maylou: Social Media war schon immer meine Passion. Schon mit 12 Jahren entdeckte ich meine Liebe zur Fotografie und Kreativität. In der Graphischen erlernte ich das nötige Backgroundwissen. Instagram war meine erste Plattform – anfangs teilte ich nur Selfies. Doch in meiner Maturazeit begann ich, mein Leben zu hinterfragen und mich mit Persönlichkeitsentwicklung zu beschäftigen. Ich erkannte, dass ich als Frau oft anders behandelt wurde. Bis dahin postete ich nur schöne Bilder ohne Mehrwert. Plötzlich stellte ich meinen Purpose infrage – und überlegte sogar, meinen Instagram-Account mit 30.000 Followerinnen und Followern zu löschen.
Was hat dich davon abgehalten?
Es wurde mir bewusst, dass es 30.000 Personen gibt, die mir zuschauen, die mir zuhören und ich das für etwas Positives nutzen könnte, um die Welt ein bisschen zu verbessern. Dann habe ich begonnen, über Themen zu sprechen, die mich privat interessieren, z. B. die Periode – das war das erste Tabuthema, das ich angesprochen habe.
Was hat dich motiviert, deinen Weg weiterzugehen?
Der erste Effekt war, dass sehr viele Leute meinem Account „entfolgten“. Vor allem Männer kommentierten negative Dinge, da ich sehr angeeckt bin. Für mich war es wichtig, etwas zu machen, das Sinn hat und wobei ich etwas bewirken kann. So habe ich mehr und mehr über meine Erfahrungen als Frau in der Gesellschaft gesprochen und gemerkt: Es ist keine individuelle Erfahrung, es geht allen so.
Was inspiriert dich bei der Erstellung deines Contents am meisten?
Sowohl meine persönlichen Erfahrungen als auch Nachrichten, die ich von meiner Community bekomme, inspirieren mich, gewisse Themen anzusprechen. Aber auch das aktuelle politische Geschehen und Trends fließen in meine Ideenfindung mit ein.
Welche Art von Content fällt dir besonders leicht zu kreieren und bei welchem brauchst du länger?
Unaufwendiger sind Postings, bei denen ich zeige, was durch Bildbearbeitung möglich ist. Das sind meist nur ein paar Klicks und kostet mich insgesamt ca. eine Stunde Produktionszeit. Aufwendiger sind Reels mit vielen Schnitten, Kameraeinstellungen und umfangreichem Skript. Da kommt es schon mal vor, dass ich vier Stunden an einem Reel arbeite.
Welche deiner Beiträge haben die größte Resonanz hervorgerufen und warum glaubst du, war das so?
Die meisten Kommentare bekommen Beiträge, bei denen ich mich verletzlich zeige. Das fördert die Community-Bindung. Die meisten Views bekommen Beiträge, die etwas kontroverser sind, und die meisten Followerinnen und Follower gewinne ich hauptsächlich durch Erklärpostings.
Wie reagierst du auf negative Kommentare oder Hater?
Es ist Übung und man härtet über die Jahre ab. Ich versuche, mir die Kommentare nicht zu Herzen zu nehmen und erinnere mich an den Satz: „Nimm dir Kritik nur von den Menschen zu Herzen, die du auch um Rat fragen würdest.“ Ich scheue aber auch nicht davor zurück, rechtlich gegen Hass im Netz vorzugehen, weil das Internet kein rechtsfreier Raum sein sollte und Hasskommentare laut Gesetz strafbar sind. Ich lasse mich nicht einschüchtern.
Gibt es neue Themen, die du künftig behandeln möchtest?
Ich mache gerade eine Coaching-Ausbildung (zur Lebens- und Sozialberaterin) und möchte in Zukunft noch gezielter mein erlerntes Wissen teilen, um Frauen zu unterstützen, gesunde Beziehungen zu führen und sich selbst zu lieben.
Nach welchen Kriterien wählst du Marken für Kooperationen aus?
Am wichtigsten ist, dass die Marke zu mir und meinen Werten passt und ich mit dem Preis und der Leistung des Produkts wirklich zufrieden bin. Wenn die Kooperation auch für meine Community einen Mehrwert bietet, gehe ich mit den Marken in Verhandlung. Wichtig sind mir Transparenz, Vertrauen, gegenseitige Wertschätzung sowie faire Bezahlung.
Welche Herausforderung als Influencerin wird oft übersehen?
Der Job wird oft unterschätzt, weil er nach außen leicht wirkt. Viele denken, man verdient schnell Geld, ohne viel zu tun – was nicht stimmt. Influencerinnen und Influencer investieren jahrelang Zeit, bevor sie Geld verdienen. Es braucht Ehrgeiz, Kreativität und Durchhaltevermögen. Zudem ist man selbstständig, hat wenig Freizeit und steht in der Öffentlichkeit.
Was hat dich dazu inspiriert, dein Buch zu schreiben?
Es war ein Kindheitstraum von mir und ich wollte für meine Community eine Möglichkeit schaffen, noch tiefer in die Themen Selbstliebe, Sexualität und Beziehungen einzutauchen. Ich wollte gebündelt meine Tipps und Übungen weitergeben, damit Frauen sich von gesellschaftlichen Normen lösen und ihr wahres Selbst leben können.
Was sind deine größten beruflichen Ziele?
Ich habe viele meiner Ziele schon erreicht – Umsätze, Presse, Jobs und mein Buch, mein größter Meilenstein. Danach kam erstmal eine kleine Sinnkrise. Ich habe gemerkt: Ich will nicht weiter von Ziel zu Ziel rennen, sondern den Moment genießen. Mehr Leben, weniger 70-Stunden-Wochen. Deshalb mache ich jetzt eine Ausbildung zum Coach – einfach, weil es mich erfüllt.
Was hast du als Influencerin gelernt, das du anderen mitgeben möchtest?
Es ist unglaublich wichtig, sich selbst treu zu bleiben und sein authentisches Selbst zu zeigen. Das ist es, was uns einzigartig macht, von anderen abhebt und schlussendlich auch den Erfolg ausmacht.
Vielen Dank für deine Zeit!