Influencer wird man manchmal über Nacht
Ein informatives Interview mit Linda Lime
Linda Lime hat mehr als 1,6 Mio. Followerinnen und Follower und erreicht mit ihren Videobeiträgen hunderttausende, oft sogar mehrere Millionen Menschen auf Instagram und TikTok. Seit 2016 baut sich Linda Baier alias Linda Lime ihre Social Media Accounts auf. Sie versprüht viel Leidenschaft, um andere Menschen zu inspirieren.
Obmann Andreas Kirnberger lernte Linda Baier bzw. Linda Lime im Rahmen einer Veranstaltung des Österreichischen Werberats kennen, bei der es um die Verantwortung von Influencerinnen und Influencern in Bezug auf Werbung und Jugendschutz ging. Linda kommt aus St. Pölten, daher war es naheliegend, einmal genauer über sie und ihren Beruf zu sprechen. Ihr folgen immerhin rund 1,5 Millionen Menschen auf Tik-Tok, mit 29,7 Millionen Likes, auf Instagram sind es über 120.000 Followerinnen und Follower. Wir trafen einander im Schwaighof in St. Pölten. Während die Fachjury für den Goldenen Hahn tagte, führten wir, Obmann Andreas Kirnberger, Geschäftsführer Clemens Grießenberger und Chefredakteurin Sabine Wolfram, mit Linda ein angeregtes Gespräch. Ihre gewinnende Art ließ uns schnell ins Gespräch eintauchen und wir waren von Anfang an per Du.
Für welche Themen bist du als Influencerin bekannt?
Linda Lime: Ich habe mich auf Ausflugsziele und Hotels spezialisiert, weil ich gemerkt habe, dass das meine Zuschauerinnen und Zuschauer am liebsten sehen. Und das ist auch das, was ich am liebsten mache – eben Abenteuer und Genuss. In dem Bereich produziere ich für Unternehmen Content, sprich Fotos und Videos, die einerseits das Unternehmen für sich bzw. seine Marketingzwecke nutzen kann, die aber auch auf meinen Accounts online gehen. Diese Videos sehen dann 10.000 bis eine Million Menschen. Und das ist gute Werbung für das Hotel oder das Ausflugsziel. Ich mache das zumeist sieben Tage die Woche.
Seit wann übst du deine Tätigkeit als Beruf aus?
Ich war Lehrerin, habe Englisch und Sport studiert und diese Fächer in einer Mittelschule in der Nähe von St. Pölten unterrichtet. Es war nicht ganz Zufall, dass ich zu dem Influencerinnen-Job gekommen bin. Allerdings konnte ich es selbst nicht vorhersehen, dass mir so viele Leute folgen, meine Inhalte konsumieren und feiern würden. 2021 habe ich meinen Lehrerinnenjob an den Nagel gehängt und arbeite seither hauptberuflich als Influencerin.
Bitte erzähle uns mehr über deine Erfahrungen, denn viele Menschen unterschätzen den Aufwand, der in die Produktionen fließt.
Es ist viel gute Planung nötig, wie in jedem Unternehmen, und von alleine – hübsch sein und Bilder machen – wird man heutzutage nicht erfolgreich auf Social Media. Es geht immer um Mehrwert. Ich kann jedem Unternehmen, das vorhat, Content zu produzieren, mitgeben, immer daran zu denken, was die Zuseherin oder der Zuseher von dem Inhalt hat.
Man muss überlegen, welchen Mehrwert das Produkt, das ich bewerbe, für die Kundin oder den Kunden hat und ihr bzw. ihm rundherum Content liefern. Damit die Followerinnen und Follower dranbleiben und ihren Spaß dabei haben, muss man sich inspirieren lassen und immer wieder etwas Neues bringen. Und ja, es beansprucht viel Zeit, die man nicht sieht.
Wie groß ist dein Team bei den Produktionen, wenn du z. B. in ein Hotel fährst?
Wir sind zwei Videografen. Der Dreh in einem Hotel dauert meistens mehrere Tage, bei einem Ausflugsziel bin ich den ganzen Tag dort oder nur halbtags. Hinter einem Video über ein Ausflugsziel mit 45 Sekunden stecken zumeist 10 bis 12 Arbeitsstunden für den Content, der dann rausgeht. Es ist Arbeit, die man unterschätzt. Im Vorfeld schreibe ich Konzepte, es gibt einen E-Mail-Verkehr und ich muss überlegen, mit welchen Firmen ich zusammenarbeiten möchte. Man stellt sich vor, die Influencerin oder der Influencer wird von Unternehmen angeschrieben. Das ist in den meisten Fällen so, kommt aber auf die Branche an. Ich werde kontaktiert, gehe aber auch individuell auf mögliche Organisationen oder Betriebe direkt zu.
Du musst aktiv akquirieren?
Natürlich. Österreich ist immer noch ein bisschen langsamer als Deutschland. Und die Unternehmen, speziell Ausflugsziele, wissen oft gar nicht, dass sie Werbung mit Influencerinnen und Influencern machen könnten, die ihre Inhalte viel authentischer rüberbringen und die Leute damit inspirieren, sie zu besuchen.
Was ist dein Erfolgsgeheimnis?
Ganz speziell habe ich es letztes Jahr gemerkt, als ich mich auf eine Nische konzentriert habe. Zu Beginn habe ich alles Mögliche gepostet, was mir Spaß gemacht hat. Und es ist immer gut, wenn einem das selbst Spaß macht, weil dann die Menschen sehen, dass man das aus vollem Herzen macht. Es ist wichtig, weil es die Zuschauerin oder der Zuschauer sofort merkt, wenn man sich unwohl fühlt oder nicht authentisch ist. Mein Erfolgsgeheimnis ist es, den Leuten mit den Videos ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Ich bin eine sehr lebensfrohe Person, zeige das, bin witzig und nehme mich selbst nicht zu ernst.
Wie hast du deine Nische gefunden? Über ein Posting?
Genau so war es. Ich habe experimentiert und ganz viel Verschiedenes probiert. Und dann ist ein Video extrem viral gegangen. Es erhielt eine Million Aufrufe. Es gibt einen Unterschied zwischen internationalem und regionalem Content. Wenn der regionale Content eine Million Aufrufe bekommt und mich immer wieder Unternehmen kontaktieren und begeistert sind von den Resultaten, dann muss was dran sein. Dann habe ich mir gedacht: gute Werbung für das Unternehmen, eine gute Sache für mich und die Zuschauerinnen und Zuschauer. Jede und jeder hat etwas davon. Danach habe ich mich auf die Ausflugsziele spezialisiert.
Erzähle uns bitte noch über deine Arbeitsweise und nach welchen Kriterien du deine Kundinnen und Kunden aussuchst.
Ich habe mit regionalen Projekten gestartet. Mit jenen, die ich kenne und wo ich weiß: Das wäre etwas und die Zuschauerinnen und Zuschauer wissen gar nicht, dass das um die Ecke liegt und so toll ist. Diese Unternehmen schreibe ich an und zeige ihnen, was ich in der Vergangenheit produziert habe und was ihnen eine Zusammenarbeit bringen würde. Sie freuen sich dann auch sehr, weil sie schon länger etwas auf Social Media machen wollten. In einem Video Call finde ich heraus, ob es wirklich passt, bespreche, was der Kundin oder dem Kunden in einer Zusammenarbeit wichtig wäre und umgekehrt.
Mein Erfolgsgeheimnis ist es, den Leuten mit den Videos ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.
Was mir wichtig ist: dass man das The ma authentisch rüberbringt. Oft wollen die Unternehmen dann noch mehr zeigen oder bieten. Da muss man aufpassen! In weiterer Folge geht es um Termine für den Drehtag. Die Unternehmen glauben, wir kommen mit großen Kameras an, aber für Social Media soll es ja authentisch sein und es genügt eine Handykamera mit hoher Auflösung. Dann gibt es noch eine Feedbackschleife.
Wie machst du das mit dem Pricing? Wie und wonach entscheidest du das?
Es gibt keine fixen Preise. Es geht darum, was für das Unternehmen Sinn macht. Ich schnüre ein Paket, je nachdem wo sich die Zielgruppe befindet, es kommt auf die Reichweite der Influencerin oder des Influencers an und auf den Wert, der für das Unternehmen geschaffen wird.
Gehen wir noch auf die rechtlichen bzw. steuerlichen Rahmenbedingungen ein. Wie bekannt ist Influencerinnen und Influencern, was hier zu tun ist?
Ganz ehrlich? Gar nicht. In der Schule ist das kaum Thema, außer man besucht einen wirtschaftlichen Zweig. Ich z. B. habe studiert, um Lehrerin zu werden, und da bekommt man vielleicht noch gar nicht so viel mit. Ich war sehr überfordert. Wenn ich meine Schwester nicht gehabt hätte, die Marketing studiert hat und die Schritte schon gegangen ist, dann wäre die Barriere, dass ich das überhaupt starte, viel höher gewesen. Mein Freund, ein Unternehmensberater, hat mir damit auch geholfen. Aber Influencerin oder Influencer wird man manchmal über Nacht und man hat von der Kennzeichnung von Werbung gar keine Ahnung, wo man sich anmeldet oder ob man einen Gewerbeschein braucht.
Und da wäre es für Influencerinnen und Influencer gut, die sich z. B. bei der Wirtschaftskammer melden oder anrufen, alle wichtigen Informationen gesammelt zu schicken und in einfachen Worten zu erklären, was zu tun ist. Und es wäre vielleicht gut, wenn man zweimal im Jahr ein Treffen organisiert, bei dem man Content Creatorinnen und -Creatoren zusammenholt. Denn in Zukunft wird das noch viel mehr und immer spezifischer. In meiner Zukunftsvision gibt es ganz speziell positionierte Influencerinnen und Influencer.
Andreas Kirnberger: Ich sehe es als unseren Auftrag, z. B. bei einer Veranstaltung die konkreten Informationen zu vermitteln. Würdest du uns da unterstützen?
Ja! Ich komme aus der Pädagogik und fühle mich extrem wohl, anderen Wissen zu vermitteln.
Danke für deine Zeit, auf das Angebot kommen wir gerne zurück!