Wer braucht jetzt was?
Werkvertrag oder Dienstvertrag
Bei der Einschätzung, ob ein Arbeitsverhältnis nun als Werkvertrag (zwischen zwei selbstständigen Gewerbetreibenden) oder als Dienstvertrag (einer schafft an, der andere macht) zu qualifizieren ist, kommt es weniger darauf an, was im Vertrag steht. Vielmehr ist wichtig und entscheidend, wie die Zusammenarbeit nun in der Praxis „gelebt“ wird.
Wenn zwei Unternehmer gemeinsam einen Auftrag abwickeln wollen und vereinbaren, dass der eine gegenüber dem Kunden auftreten soll, während der andere „im Sub“ einen Teil der Arbeit erledigt, ist insofern noch nichts passiert. Es hat sich somit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesBR) gegründet. Wenn beide Vertragspartner in dieser GesBR auch noch über ausreichend andere Aufträge verfügen, wird niemand auf die Idee kommen, dass es sich hierbei um einen Dienstvertrag handeln könnte. Stehen beide gerade am Anfang ihrer Karriere oder haben nicht das Luxusproblem, Aufträge ablehnen zu müssen, da sowieso zu viel Arbeit ansteht, dann kann es durchaus zur Frage des Dienstverhältnisses kommen.
Wer ist ein Unternehmer?
Eine Person, die sich in der Wirtschaft bewegt und nicht Angestellter ist (oder Arbeiter). Per Definition ist ein Unternehmer keiner Person weisungsgebunden, er arbeitet mit seinen eigenen Betriebsmitteln, wird für seinen Erfolg belohnt und kann sich seine Zeit frei einteilen. Alle Unternehmer, die bis hierher gelesen haben, werden sich jetzt fragen, ob der Steuerberater gerade ein wenig vom falschen Kaffee genippt hat: Kein Unternehmer hat das Gefühl, sich seine Zeit wirklich frei einteilen zu können. Viele hetzen von einem Termin zum nächsten und wenige sind wirklich komplett frei von Weisungsgebundenheit. Sie unterliegen den Regeln der Gewerbeordnung, des Steuerrechts und noch einigen anderen. Von wegen eigene Betriebsmittel: Letztendlich gehört das Leasingauto rechtlich dem Leasinggeber (also der Bank oder der Versicherung) …
Ich bin Freelancer, das trifft mich nicht …
Ist ein Freelancer ein Unternehmer? Ja, solange er nicht komplett in den Betrieb des Auftraggebers eingebunden ist. Er schuldet ein Werk und nicht nur seine Zeit. Als Unternehmer treffen ihn Pflichten, beispielsweise die Abfuhr der Umsatzsteuer bei Überschreiten der Kleinunternehmergrenze in Höhe von € 35.000,- (zzgl. € 7.000 MwSt.) im Jahr, die Erstellung einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung am Ende des Jahres zur Feststellung eines Jahresergebnisses, die Erstellung entsprechender Steuererklärungen bis zum März des Folgejahres sowie die Abfuhr der Einkommensteuer. Weiters die Anmeldung bei der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) sowie die Begleichung der Sozialversicherungsbeiträge. Es besteht kein großer Unterschied, ob jemand einen Werkvertrag oder einen „freien Dienstvertrag“ in Händen hält. Auch der „freie Dienstnehmer“ muss sich in Wahrheit um alles selbst kümmern, hat aber bei der Sozialversicherung eine andere Einstufung. Der Unternehmer muss all das jedoch nicht selbst machen, er kann sich ja einen Werkvertragnehmer suchen, der die steuerliche Beratung und Vertretung übernimmt.
Beispiele
Eine große Marketing- und PR-Agentur mit 30 Angestellten beauftragt einen Rechtsanwalt für ein anstehendes Gerichtsverfahren. Das ist, ganz klar, ein Werkvertrag zwischen zwei selbstständigen Unternehmen. Niemand käme auf die Idee zu sagen, der Rechtsanwalt werde jetzt bei den Kreativen angestellt. Die gleiche Agentur beauftragt einen neu am Markt auftretenden Grafiker mit der Erstellung eines Logos für einen Kunden. Da der Freelancer aber noch über keinen eigenen Computer und Drucker verfügt, darf dieser ausnahmsweise auf den Macs der Agentur arbeiten. Nun liegt der Schluss nahe, dass er nicht selbstständig tätig, sondern weisungsgebunden ist. Das eigentliche Problem ist, dass die Prüfung immer erst (meist Jahre) später stattfindet und dem Motto „hinterher ist man immer schlauer“ folgt. Ziel ist es, für die Thematik ein Bewusstsein zu schaffen. Je besser Sie informiert sind, desto weniger kann Sie die ganze Materie ärgern oder Ängste schüren. Im Zweifel gilt der Ratschlag: Fragen Sie bitte einen Anwalt, einen Steuerberater oder die Wirtschaftskammer, denn die rückwirkende Umqualifizierung eines Werkvertrags in einen Dienstvertrag kann für beide Vertragspartner mehr als unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen.