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Preiserhöhungen

Game Changer? Deal Killer? Ein Strich durch die Rechnung?

Foto: iStock.com/HAKINMHAN

Bereits seit Beginn der Coronakrise wird über die Auswirkungen von „hoher Gewalt“ und juristische Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Der Krieg im Osten Europas hat das Problem nun insofern verschärft, dass es selbst bei Energiepreisen zu deutlichen Erhöhungen bzw. zur Teuerung kommt. Welche Auswirkungen hat dies auf die Kreativbranche und allenfalls bereits längst abgeschlossene Verträge? Kann hier nachgeschärft, angepasst oder gar aufgelöst werden?

Bereits seit rund einem Jahr explodieren die Preise von Stahl, Kupfer und Holz. Dieser Umstand hat die Kreativbranche freilich bisher nicht derart getroffen wie die Bauwirtschaft. Seit dem Ukraine-Krieg und der damit einhergehenden Steigerung bei den Gas- und Strompreisen sind die Teuerungen jedoch in der Kreativbranche angekommen. Die Preissteigerungen können für Unternehmer existenzgefährdend sein und stellen für bestehende Verträge, die nicht ohne Weiteres einseitig adaptiert werden können, eine große Herausforderung dar.

Form des Vertragsabschlusses
Rechtlich gesehen, kann ein Vertrag grundsätzlich sogar formlos abgeschlossen werden. Es tritt jeweils durch die Definierung des Leistungsumfanges, des allenfalls geschuldeten Ergebnisses und des Preises bereits Bindungswirkung ein. Das ist unabhängig davon, in welcher Form der Vertrag geschlossen wird: mündlich, durch Handschlag, mittels eines formlosen E-Mails oder mit einem formellen Auftrag bzw. Vertrag, der beiderseits unterfertigt wird.

Bestehende Verträge können nicht ohne Weiteres einseitig adaptiert werden.

Bindungswirkung – Sphärentheorie
Sobald der Preis und der Leistungsumfang daher definiert wurden, ist es nicht so leicht möglich, den Vertrag anzupassen bzw. zu ergänzen. Mit der Änderung des Leistungsumfanges habe ich mich bereits in der Werbemonitor-Ausgabe im Juni 2021 (siehe Infokasten) auseinandergesetzt. Der wesentliche Unterschied ist aber jener, dass die Änderung des Leistungsumfanges meist der Sphäre des Kunden bzw. des Auftraggebers zugeordnet werden kann. Das Risiko der Preiserhöhungen entspringt einer neutralen Sphäre – schließlich konnte keiner damit rechnen, dass es zu Kriegshandlungen im Osten Europas kommt.

Einem Dienstleistungs- und Werkvertrag liegt das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) zugrunde. Im ABGB ist normiert, dass das Risiko für Ereignisse aus der „neutralen Sphäre“ grundsätzlich der Auftragnehmer – also das Kreativunternehmen – trägt. Zur „neutralen Sphäre“ zählen zudem unvorhersehbare und unabwendbare Ereignisse, auf die keine der Vertragsparteien einen Einfluss hat. Dieser Lösungsansatz ist für das Kreativunternehmen etwas unbefriedigend.

Zwei Ansätze werden diskutiert
Ein Blick auf die Bauwirtschaft und die seit der Coronakrise deutlich erhöhten Rohstoffpreise lässt aber erkennen, dass in der Juristerei bereits zwei Ansätze erörtert werden:
1. Unmöglichkeit der Leistung?
Bisher war es so, dass es bei „rechtlicher Unmöglichkeit“ der Erfüllung des Vertrages zu einer automatischen Auflösung des Vertrages gekommen ist, also beiderseits keine Leistungsverpflichtung mehr besteht. In der Zwischenzeit wird aber nicht nur die „rechtliche Unmöglichkeit“, sondern auch die „wirtschaftliche Unmöglichkeit“ als Lösungsvariante diskutiert. Diesbezüglich ist es so, dass der gänzliche Entfall der Leistungsverpflichtungen oftmals nicht im Sinne des Kreativunternehmens bzw. des Kunden ist.

2. Vertragsanpassung?
Ein diskutierter Ansatz ist jener, dass bei exorbitanten und nicht vorhersehbaren Preissteigerungen, die keine der beiden Parteien bei Vertragsabschluss kennen musste, die Geschäftsgrundlage wegfällt. Diesbezüglich muss jedoch eine „Doppellücke“ vorliegen, und dies ist mit der Bestimmung des ABGB hinsichtlich der Zurechnung der neutralen Sphäre grundsätzlich nicht ganz vereinbar.

Nichtsdestotrotz wird teilweise die Ansicht vertreten, dass bei einem „außerordentlichen Zufall“ einem Vertragspartner nicht die unvorhersehbaren und ruinösen Risiken zur Gänze aufoktroyiert werden dürfen, während der andere Vertragspartner voll am zufälligen „Gewinn“ antizipieren kann. Diesfalls wurde erörtert, dass bei höherer Gewalt ein „außerordentlicher Zufall“ vorliegt, der zu einer derart gravierenden Äquivalenzstörung führt, dass es zum Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt und es daher die Möglichkeit der Vertragsanpassung geben solle. Unvorhersehbare Ereignisse wie die Coronakrise oder die mit dem Krieg einhergehende Preissteigerung könnten also eine derart schwere Äquivalenzstörung darstellen, die dazu führt, dass beide Parteien das Risiko „teilen“ müssten. Eine oberstgerichtiche Entscheidung dazu liegt aber noch nicht vor, daher handelt es sich bisher rein um Theorien.

Auf Nummer sicher gehen
Um sich nicht auf eine derartige Diskussion mit einem Kunden einlassen zu müssen und um auf Nummer sicher zu gehen, ist es daher am sinnvollsten, wenn bei einer deutlichen und unerwarteten Preissteigerung eine einvernehmliche Lösung mit dem Kunden gefunden wird. Das heißt, dass dem Kunden bereits aktiv faktisch eine Vertragsanpassung vorgeschlagen wird, wodurch ihm allenfalls die Möglichkeit eingeräumt wird, den Vertrag zu beenden oder die vorgeschlagene Anpassung des Honorars bzw. Werklohns – aufgrund der geänderten Umstände – zu akzeptieren.

Formaljuristisch heruntergebrochen darf jedoch angemerkt werden, dass grundsätzlich mit Zustandekommen des Vertrages Bindungswirkung vorliegt und die oben angeführten Aspekte zum Vertragswegfall bzw. der Vertragsanpassung im Hinblick auf die Coronakrise bzw. die mit dem Krieg einhergehenden Preissteigerungen aktuell noch nicht ausjudiziert sind.

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